Thurbo ersetzt Züge schrittweise ab 2026
Der wohl wichtigste strategische und operative Meilenstein im Geschäftsjahr 2022 war die Vertragsunterzeichnung für die Beschaffung von neuem Rollmaterial. Claudia Bossert und Martin Hochreutener erklären, weshalb Thurbo eine Premiere wagte und wo das Beschaffungsprojekt steht.
Nach einem fast zweijährigen Ausschreibeverfahren und dem Abweisen einer Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht war es so weit: Am 25. Mai 2022 unterschrieb Thurbo zusammen mit SBB und RegionAlps den Liefervertrag für neue Regionalverkehrsfahrzeuge. Stadler Rail wird 286 Triebzüge des Typs FLIRT Evo produzieren. Davon gehen 107 an Thurbo. Die SBB erhält 155, das Walliser Transportunternehmen 24.
Synergien nutzen
Der gemeinsame Beschaffungsauftrag ist eine Premiere. «Es ist ungewöhnlich, weil es noch nie gemacht wurde», sagt Unternehmensleiterin Claudia Bossert. «Aus System- und Kostensicht macht es jedoch Sinn.» Denn der Aufbau einer eigenen Beschaffungsorganisation ist ressourcenintensiv. Die Bahngesellschaften profitieren bei der Bestellung vom Skaleneffekt. Die Kostenvorteile des gemeinsamen Vorhabens kommen schliesslich den Kund:innen zugute. Das gemeinsame Projektmanagement sieht Bossert ebenfalls als Chance, wenn auch Ungewohntes damit einhergehe: «Die Betriebsstrukturen bei der SBB, unserer Mutter, sind auf 30 000 Leute ausgerichtet. Die Arbeitsweise unterscheidet sich also wesentlich von unserer.» Martin Hochreutener, Leiter Technik, bestätigt: «Bei Thurbo entscheiden wir schnell auf kurzen Wegen. In diesem Projekt sind viele Absprachen notwendig, bis es für alle passt.»
«Wenn wir unsere Synergien optimal nutzen, profitiert das ganze System.»
Claudia Bossert, Unternehmensleiterin
Vom Papier in die Praxis
Nach der Vertragsunterzeichnung war die zweite Jahreshälfte davon geprägt, Papiere zu prüfen und Konzepte aufeinander abzustimmen. «Der Ausschreibezeitpunkt liegt zwei Jahre zurück. Technik und Normen ändern sich. Dies erforderte ein Abgleichen von Anforderungen und Angebot», erklärt Hochreutener. Im Sommer 2023 beginnt Stadler mit dem Bau der Wagenkästen. Erste Teile der Fahrzeuge werden Ende Jahr zu sehen sein. Die erste Tranche der neuen Züge wird 2025 ausgeliefert. Dann beginnt Thurbo mit Tests und Betriebserprobungen.
Neue Instandhaltungsanlage in Weinfelden
Die Betriebskosten – für Instandhaltung oder Reinigung – optimieren die drei Unternehmen im Zuge der Neubeschaffung einer homogenen Flotte ebenfalls. So erfolgt die Betriebserprobung für die 262 Fahrzeuge von Thurbo und SBB an einem Ort, und zwar in Weinfelden. Dazu wird die Instandhaltungsanlage aus den 1970er Jahren modernisiert. Thurbo und SBB investieren 18,4 Millionen Franken. Das Genehmigungsverfahren wurde 2022 eingereicht, die Fertigstellung der verlängerten Halle ist per Mitte 2025 vorgesehen. Dass SBB und Thurbo eine bestehende Infrastruktur zusammen nutzen, ist insbesondere für Thurbo optimal. Die Halle liegt im Betriebsgebiet und in der Nähe von Bussnang, wo die Fahrzeuge gebaut und in Betrieb genommen werden.
Details zum Projekt «Neubau Instandhaltungsanlage»
Zuverlässige Übergangsphase
Bis die Flotte 2034 komplett ersetzt ist, sind die bestehenden Züge weiterhin im Einsatz. «Die Gelenktriebwagen haben wir 2003 in Betrieb genommen und sie fahren auch im zwanzigsten Lebensjahr zuverlässig», betont Hochreutener. Rund 18,8 Millionen Kilometer spult die Flotte jährlich ab. «Die Fahrzeuge sind immer noch attraktiv und sauber, werden von den Kund:innen positiv wahrgenommen und kommen pünktlich an», ergänzt der Leiter Technik.